|
Artemia
Als Artemia (engl. brine shrimp) werden Salinenkrebse oder Salzkrebschen aus der Familie
Artemiidae in der Ordnung der Kiemenfüßer (Anostraca) bezeichnet. Diese kleinen schalenlosen
Krebstiere kommen in periodisch austrocknenden Binnensalzgewässern vor und
ernähren sich von Bakterien oder Algen, die sie aus dem Wasser filtern. Ihre
Verbreitung erstreckt sich nahezu über den gesamten Erdball, wo diese
anpassungsfähigen Organismen äußerst unterschiedliche, wenn auch meist wärmere
und salzhaltige Gewässer besiedeln.
Alle
Vertreter der Gattung Artemia werden maximal 10 bis 20 mm groß und haben ein stark
gegliedertes Exoskelett aus mit Chitin verstärktem Eiweiß. Sie besitzen keinen
Panzer wie andere Krebse.
|
Salinenkrebs (Foto: Artemia salina)
Je nach Futter- und Sauerstoffkonzentration des Wassers variiert die Körperfarbe von bräunlich bis intensiv rot. Zur Sinneswahrnehmung dienen den erwachsenen Artemiakrebsen zwei Komplexaugen, verteilt auf jede Seite des Kopfes.
|
|
Nauplien (Foto: Artemia Nauplien)
Frisch geschlüpfte Nauplien verfügen über nur einen Augenfleck (Naupliusauge). Wenn sie sich entgültig von der Schale und den Membranen, die ihren Körper umhüllen, befreit haben, beginnen sie sich aktiv zu bewegen. |
Bis zum ersten Häuten, im Laufe von 10 bis 12 Stunden, nimmt die Nauplie keine Nahrung auf und zehrt vom körpereigenen Dotter. Danach geht sie zum zweiten Larvenstadium über und beginnt, einzellige Algen, Bakterien und Hefen abzufiltern und zu fressen. Während der Wachstumsphase, finden im Laufe von 8 Tagen über fünfzehn Häutungen statt. Ein erwachsener Artemiakrebs besteht aus Kopf, Brust (Thorax) und Hinterleib (Abdomen), der in einer borstenbesetzten Schwanzgabelung (Furca) ausläuft. Die elf Paar Beine des Thorax (bei einigen Arten auch 17 oder 19) sind flach und blattartig geformt.
|
Merkmale Beide Geschlechter besitzen am Kopf ein Paar fadenförmige, relativ kurze 1. Antennen. Die 2. Antennen sind bei den Männchen und den Weibchen unterschiedlich geformt. Bei den Männchen sind sie zu großen Greiforganen ausgebildet und tragen lappenförmige Anhänge. |
Bei den Weibchen ist das 2. Antennenpaar normal entwickelt und kurz. Geschlechtsreife Weibchen sind deutlich an ihrem
bauchseitig gelegenen
Brutsack zu erkennen, die mit Eiern gefüllt sind.
Fortpflanzung ohne Männchen? Zur Fortpflanzung haben Salzkrebschen verschiedene Möglichkeiten. Bei der parthenogenetischen Fortpflanzung (Jungfernzeugung) sind keine Männchen erforderlich. Die Weibchen einiger Arten sind in der Lage durch vorhandene Zwitterdrüsen die Eizellen selbst zu befruchten. In zweigeschlechtlichen Populationen von Artemien packt das Männchen während der Paarungszeit das Weibchen mit seinen hackenförmigen Antennen und fixiert es. In dieser Position schwimmt das Paar über einen Zeitraum von bis zu einer Woche. Das Männchen führt sein Kopulationsorgan in die Öffnung des Brutsackes des Weibchens ein, wo die Befruchtung stattfindet. Nach einer Reifezeit von 4 Tagen im Brutsack des Weibchens schlüpfen die Larven und gelangen durch die Öffnung des Brutsackes ins Freie. Dieser Vorgang dient der schnellen Verbreitung der Art und wird Viviparie (lat.: viviparus - „lebendgebärend“) genannt. Unter optimalen Bedingungen bringt das Weibchen alle 4-5 Tage über 100 lebende Larven hervor.
Artemia-Cysten Um die Trockenperioden zu überstehen, bilden die Krebschen Dauerstadien aus, sogenannte Cysten, die unter Aquarianern fälschlich meist als Eier bezeichnet werden (Eier bestehen nur aus einer Zelle, Cysten sind mehrzellig).
Sie enthalten einen Embryo in einem „Trockenschlafstadium“, der durch eine besonders harte Schale geschützt ist. Im Zustand der Kryptobiose (griechisch kryptos = verborgen) sind die Stoffwechselvorgänge extrem reduziert. Ähnlich wie in einem Winterschlaf ist die Entwicklung des Embryos eingefroren, bis sich seine Umweltbedingungen verbessern und ihn dadurch schließlich „Erwachen“ lassen. Warum gerade Artemia? Aus den Artemia-Cysten können sehr einfach Nauplien erbrütet werden. Die dabei schlüpfenden Nauplien sind nicht einmal 0,5 mm klein und im Larvenstadium ein sehr wichtiges Futtermittel für Jungfische. Direkt nach dem Schlupf haben die Primärlarven den höchsten Nährwert. Durch den hohen Gehalt an ungesättigten Fettsäuren und einer besonderen Proteinzusammensetzung eignet sich das Lebendfutter insbesondere auch für Garnelen. Die Garnelen stürzen sich mit Begeisterung auf die sich am Bodengrund einfindenden Nauplien oder gehen im Javamoos regelrecht auf Jagd nach diesen Leckerbissen.
Für welche Fische? Artemia-Nauplien sind ein hervorragendes Anfangsfutter für die meisten Jungfische, z.B. der lebendgebärenden Arten und auch vieler größerer eierlegender Arten. Mit diesem einfach zu kultivierenden Futter kann man Jungfische einige Zeit versorgen. Damit es bei Dauerfütterung nicht zu Mangelerscheinungen kommt, füttern erfahrene Züchter zu Artemia noch Teichlebendfutter oder vitaminisiertes und zerkleinertes Flockenfutter.
Wie Artemia aufziehen? Zur Gewinnung der Artemia-Krebschen werden die im Fachhandel erhältlichen Dauereier (ca. 0,3 mm groß) in einer schwachen Salzlösung angesetzt (1-2 % Kochsalz, jodfrei bzw. ein EL Salz auf einen Liter Wasser). Das Salz sollte kein Jod (verzögert den Schlupf) und keine Trennmittel enthalten, die sich mit starker Trübung lösen und die Poren der Cysten verstopfen können. In Spezialsalzen sind viele Mineralstoffe und Mikroalgen enthalten, die die Artemia Nauplien aufwerten. Außerdem empfiehlt es sich, das Wasser durch eine feinperlige Belüftung ständig in Bewegung zu halten. Die Temperatur hat entscheidenden
Einfluss auf die Schlüpfdauer. Bei einer Temperatur von ca. 25 °C schlüpfen nach 24 bis 36 Stunden die ersten Nauplien aus. Bei niedrigerer Temperatur dauert
es länger.
Welche Brutsysteme gibt es? Ganz bequem und ohne Luftpumpe lässt sich eine Artemia-Kultur mit einer Aufzuchtschale zum Schlupf bringen. Solche Schalen haben den großen Vorteil, dass sie geräuschlos funktionieren und die Liste des benötigten Materials überschaubar bleibt.
|
Brutschale (Foto: HOBBY Aufzuchtschale)
Die Schale wird mit der Salzlösung (10–15 g Salz auf 0,5 Liter Wasser) bis zum markierten Rand aufgefüllt und die weiße Trennscheibe in der Mitte eingesetzt. Im äußeren Ring werden die Cysten möglichst gleichmäßig auf die Wasseroberfläche verteilt. |
|
Durch ein ausgeklügeltes Trennsystem sammeln sich die geschlüpften Nauplien - vom Licht angelockt - unter einer Öffnung in der Mitte, wo sie mit einem feinem Sieb abgeschöpft werden. Die Schalen bleiben
sauber von den
Nauplien getrennt. |
|
Bis zu 48 Stunden können auf diese Weise ganz nach Bedarf Lebendfutterportionen entnommen werden. Danach sollte die Schale gründlich mit klarem Wasser gereinigt und ein frischer Ansatz gestartet werden. |
|
Kulturgerät (Foto: HOBBY Kulturgerät)
Für diese günstige Art der Artemia-Aufzucht benötigt man eine Flasche, ein Artemia Kulturgerät und eine Pumpe. Das Kulturgerät besteht aus einem durchbohrten Plastikstopfen, der auf handelsübliche Glasflaschen passt. In den Stopfen münden zwei dünne Rohre: eine Luftzuleitung und eine Ableitung. |
|
Die Luftzuleitung kann mit einem Schlauchstück oder
zusätzlichem Rohr verlängert werden und sollte bis fast zum Flaschenboden reichen. Die Ableitung darf nicht
in die Flüssigkeit eintauchen. Die Luftzuleitung wird mit einem Schlauch an einer Aquarienluftpumpe
angeschlossen und die Pumpe so eingestellt, dass eine schwache Durchlüftung in der Flasche die Eier verwirbelt. Nach 24-48 Std. schlüpfen die
Nauplien, und die Pumpe kann abgestellt
werden. Für ca. 5 Minuten wird
die Flasche schräg gestellt, damit sich am
Boden die Schalen absetzen können. Zur Entnahme der Nauplien wird das kurze Rohrende,
das in der Flasche nicht in die Flüssigkeit reicht, mit dem Schlauch der Pumpe verbunden.
Unter das Ende des langen Luftschlauches wird ein Gefäß mit einem darauf liegenden, feinen Sieb aufgestellt.
Sobald die Pumpe eingeschaltet wird, drückt die einströmende Luft die Flüssigkeit mit
den in ihr enthaltenen Nauplien heraus. Die im Sieb gefangenen Nauplien können ins Aquarium
gegeben werden. |
|
Inkubator (Foto: HOBBY Incubator und JBL Artemio-Set)
Eine professionellere Möglichkeit
Nauplien schlüpfen
zu lassen, gewährleistet
der Einsatz eines
Inkubators. Beim HOBBY-Incubator z.B. steht eine Plastikflasche durch ihren
Untersatz stabil auf dem
Kopf und wird von unten
belüftet. Somit werden
restlos alle Cysten durchgewirbelt.
Das Trennen der
Schalen von den Nauplien
ist besonders einfach. Man lässt das Brutwasser
durch einen
Artemia Sieb ablaufen, während die Schalen zum größten Teil an der etwas rauhen Innenwand der konisch geformten Flasche hängen
bleiben. |
|
Beim Kultivierungsgerät der Firma JBL ist ein kegelförmiger Brutbehälter mit Standvorrichtung und Absperrhahn das Herzstück des Sets. Durch den in den Domdeckel integrierten Luftauslassstutzen lassen sich bis zu vier weitere Brutbehälter von der mitgelieferten Membranpumpe betreiben. Der Absperrhahn ermöglicht eine einfache Entnahme der geschlüpften Nauplien, die sich nach Abheben des Domdeckels und Abschalten der Belüftung am Boden des Brutbehälters sammeln. |
Hinweis: Wie gut das direkte Aussieben reiner Nauplien mit einem Artemia-Sieb funktioniert,
hängt von der Qualität der verwendeten Cysten ab. Nur hochwertige Artemia-„Eier“ mit einer Schlupfquote
von 95 Prozent (fast gleichzeitigem Schlupf) garantieren eine klare Trennung zwischen Nauplien und leeren Schalen an der Wasseroberfläche bzw. den Flaschenwänden. Tipp: Bei direktem Aussieben minderer Qualitäten mit geringer Schlupfquote befinden sich noch
viele nicht geschlüpfte „Eier“ im Sieb. Das Verfüttern eines solchen Gemisches kann bei
Jungfischen zu einer tödlich verlaufenden Darmverstopfung führen. Es ist also ratsam, in solchen Fällen
das Sieb vom Auffangbehälter abzunehmen und das Gemisch erst einmal zu sedimentieren (Teilchen absetzen lassen).
Haben sich die Cysten auf dem Boden des Behälters abgelagert, kann man mit einer Pipette die
Nauplien absaugen, mit Süßwasser waschen und anschließend verfüttern.
Lassen sich Salzkrebschen auch großziehen? Erwachsene Artemia
sind für größere Fische ein echter Leckerbissen,
auch wenn ihr
Nährwert geringer ist
als der der frisch geschlüpften
Nauplien. Um die Tiere heranwachsen zu lassen, bedarf es etwas Fingerspitzengefühl und Erfahrung, denn die Kleinkrebse benötigen Nahrung, Wärme, Sauersoff und einen relativ gleichbleibenden Salzgehalt.
|
Aufzucht-Set (Foto: HOBBY Incubator Set)
Zur Aufzucht wird eine kleine Portion geschlüpfter Nauplien dem Incubatorgefäß entnommen und in ein separates Becken mit großer
Oberfläche umgesetzt. Durch
die große Oberfläche
nimmt das Wasser
mehr Sauerstoff
auf und muss nicht
belüftet werden. |
Die Krebschen lassen sich im Salzwasser bei einer Konzentration von etwa 3 % mit Spezialsalz und Fütterung mit einzelligen Algen zu ausgewachsenen Tieren heranziehen. Die Entwicklung bis zum Adultstadium dauert ungefähr vier Wochen. Wachstum und Größe der Artemien sind vom Salzgehalt und der Temperatur des Wassers abhängig. Ein erhöhter Salzgehalt und eine erhöhte Temperatur führen dazu, dass die Tiere früher die Geschlechtsreife erreichen, dafür aber etwas kleiner bleiben. Bei Wassertemperaturen von 20 °C sind sie nach ca. 20 Tagen geschlechtsreif; bei 28 °C innerhalb von 12 Tagen. Ob Artemien Tageslicht oder künstliches Licht bekommen, spielt bei der Aufzucht keine entscheidene Rolle, nur sollten sie nicht zu lange der Dunkelheit ausgesetzt sein. Artemien schwimmen mit der Körperunterseite nach oben, zum Licht gerichtet und filtern die Nahrung mit Hilfe ihrer behaarten Beine aus dem Wasser.
In den ersten Tagen können sich Artemia Nauplien durch das sich im Artemia Salz befindliche Phytoplankton, ernähren. Danach brauchen sie ein ganz fein gelöstes Futter, da sie noch keine ausgebildeten Kauwerkzeuge besitzen. Die Fütterung sollte regelmäßig in kleinen Dosierungen erfolgen. Dabei sollten die Tiere nicht mehr Futter erhalten, als sie in einigen Stunden auffressen, da es sonst zu einer Wasserverschmutzung kommt, die das Wasser umkippen lässt.
Alternativen zur Zucht von Artemia? Als Alternative zur Artemia Zucht können auch dekapsulierte Artemia-Cysten direkt an Jungfische und kleinere Fischarten verfüttert werden. Bei diesem Futtermittel sind die unverdaulichen Schalen bereits entfernt, so dass nur noch die ungeschlüpften Nauplien in ihrer Eihaut übrigbleiben. Diese bieten einen nur unwesentlich geringeren Nährwert im Vergleich zu den geschlüpften Nauplien, allerdings fallen die entkapselten Cysten nicht mehr unter die Kategorie „Lebendfutter“ und die Fische müssen eventuell erst an das Futter gewöhnt werden.
|
|